31.01.2019 | Steffen Bilger

Einfluss nehmen

Spannend und zugleich herausfordernd ist das Jahresthema, das sich der SWD-EC-Verband gegeben hat! „Sprachfähig werden als EC-ler – mach den Mund auf“ beinhaltet nicht nur eine Zielstellung, sondern zeigt darüber hinaus auch den Weg zu diesem Ziel auf. Mit dem Untertitel „Einfluss nehmen“ der heutigen Ausgabe wird dies noch weiter bekräftigt.

Für mich als Politiker gehört dieses Thema wie kein anderes zu meinem Alltag. Als direkt gewählter Abgeordneter meines Wahlkreises Ludwigsburg habe ich es täglich mit Bürgern zu tun, die mit ihren Anregungen oder auch persönlichen Sorgen auf mich zukommen und darum bitten, sich für ihre Anliegen stark zu machen. Im Kern geht es in der aktuellen Ausgabe der SWD-EC-Mitteilungen genau darum: Sprachfähig werden, den Mund aufmachen und artikulieren, was einen bewegt – um Einfluss nehmen zu können.

Einfluss nehmen als EC-ler – warum und worauf?

Seit einiger Zeit werde ich immer häufiger gefragt, woran es denn läge, dass die Politik in den letzten Jahren immer säkularer geworden sei. Vielen Beobachtern ist erst nach der Entscheidung zur „Ehe für alle“ deutlich geworden, dass es eine große Zahl von Einflussnehmern in unserem Land gibt, die intensiv gegen christliche Prägungen vorgehen. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, braucht es aus meiner Sicht mehr Christen, die sich aktiv gesellschaftspolitisch engagieren! 

Oft höre ich, dass die Vereinbarkeit von Politik und Christsein in unserer komplizierten Welt immer schwieriger werde. Persönlicher Glaube einerseits und politisches Handeln andererseits scheinen mehr oder minder Gegensätze zu sein, die sich gegenseitig ausschließen. Für mich steht aber eindeutig fest: Das Leben als Christ und gesellschaftspolitisches Engagement passen durchaus zusammen, denn auch die Politik braucht Menschen mit Idealen, mit festen Überzeugungen, die sich engagieren und zum Wohle ihrer Mitmenschen einsetzen. Wenn wir zudem in einem Land leben wollen, dessen Gesetze sich an unseren christlichen Wertevorstellungen orientieren, dann müssen wir auch etwas dafür tun: Einfluss nehmen!

Auch in der Bibel finden sich zahlreiche Verweise, dass sich um die Welt, in der wir leben, zu kümmern ist. Bereits in der Schöpfungsgeschichte wird deutlich: Wir sind in diese Welt hineingestellt und sollen sie mitgestalten. Die Propheten Josef und Daniel des Alten Testaments sind für mich in diesem Zusammenhang wertvolle Vorbilder. Beide haben Treue zu Gott und politische Verantwortung nicht gegeneinander ausgespielt, sondern das eine zum Wohl des anderen genutzt. Sie konnten durch den Glauben und das Gebet Gottes Willen hören und nutzten ihren politischen Einfluss, um diesen in der Gemeinschaft umzusetzen. 

Als Christen sind wir in die Welt gestellt, um in der Gesellschaft „Salz“ und „Licht“ zu sein. Darum ist es entscheidend, dass sich Christen in der Gesellschaft engagieren – in Kirchen, in Vereinen, aber eben auch in der Politik. 

Übrigens beginnt politisches Engagement nicht mit Überlegungen, wie die Vereinigten Staaten zu Russland und China stehen oder wie Dienstfahrräder steuerlich behandelt werden sollen. Vielmehr beginnt politisches Engagement mit der Überlegung, wie der Alltag der eigenen Mitmenschen ertragreicher gestaltet werden kann. 

Einfluss nehmen – aber wie?

Eine Möglichkeit, darauf Einfluss zu nehmen, welche politischen Absichten sich in den nächsten Jahren durchsetzen sollen, ist die Teilnahme an Wahlen. Wählen gehen ist mehr als eine demokratische Formalie. Vielmehr ist es ein Bekenntnis, wen oder was man als unterstützenswert empfindet. Eine weitere Möglichkeit ist das konkretere Eintreten für die eigenen Anliegen. Dies kann durch Äußerungen (z.B. in Gesprächen oder in Nachrichten an Entscheidungsträger), durch die Teilnahme an Veranstaltungen oder durch aktives Engagement geschehen. Insgesamt halte ich es für sehr wichtig, dass nicht nur Gewerkschaften oder Wirtschaftsverbände der Politik ihre Meinung sagen. Auch christliche Organisationen haben Politik und Gesellschaft wichtiges mitzuteilen – was sie auch unbedingt tun sollten! Christliche Jugendverbände (wie der EC) sollten an die Politik herantreten und konstruktive Vorschläge und Bedenken äußern. Besonders natürlich in den Bereichen, in denen sie eine klare Kompetenz haben.

Klar ist: Es gibt viele Themen, für die wir Christen „den Mund aufmachen“ können – ja auch sollten. Wenn wir zu Ehe und Familie, Lebensrecht und Lebensschutz, Bewahrung der Schöpfung oder der Ausgestaltung einer sozialen Marktwirtschaft keine klare Stellung beziehen oder öffentlich für unsere Positionen werben, dürfen wir uns nicht wundern, dass die Politik anders entscheidet. Wenn wir uns hingegen politisch engagieren, erinnern wir die Politik daran – wie es in der Präambel unserer Verfassung heißt – die Verantwortung vor Gott und den Menschen ernst zu nehmen!

Einfluss nehmen – und dranbleiben

William Wilberforce (1759-1833) ist ein überzeugendes Beispiel für jemanden, der als Christ in der Politik etwas Großes bewirken wollte. Nach seiner Bekehrung erkannte der Abgeordnete des englischen Parlaments, wie schrecklich und menschenverachtend der Sklavenhandel war – der damals eine bedeutende Einnahmequelle für England darstellte. Erst nach einem langen Kampf, der sich über 18 Jahre erstreckte, hatten seine Bestrebungen Erfolg. Trotz dieser sehr langen Zeit, ließ er sich nicht von seinen christlichen Überzeugungen abbringen, stattdessen richtete er seine politische Arbeit vollkommen daran aus. 

Ein kluger Mensch hat einmal gesagt: Politik ist zu wichtig, als sie nur den Politikern zu überlassen. In diesem Sinne wünsche ich mir viele Christen, die ihren Mund für ihre Überzeugungen aufmachen und sich – auch in der Politik – dafür einsetzen!

 

Steffen Bilger, geboren 1979, Jurist, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, Mitglied der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Er lebt in Ludwigsburg und Berlin. Vor seinem Jurastudium war Steffen Bilger im EC Backnang aktiv.